Dies ist meine persönliche Stellungnahme in der immer wieder aufflammenden Debatte über die Nutzung von Kernenergie.

Zuerst ein paar Fragen und Antworten (welche hoffentlich zeigen, dass mein Studium nicht spurlos an mir vorüber gegangen ist), ganz unten dann meine Meinung und ein Musikvideo.

Ich bin sehr an Ihrer Meinung zu meinem Beitrag interessiert. Wenn Sie wollen, benutzen Sie doch einfach mein Kontaktformular oder das Gästebuch.

 

 

 

 

Wenn es um eine "strahlende" Zukunft geht, treffen viele Formulierungen im wahrsten Sinn den Kern, nicht nur des Worts. Atomkraft abzulehnen macht keinen Sinn, sie einfach zu komsumieren auch nicht. In überhitzter Atmosphäre helfen Schlagworte nicht weiter; nachvollziehbare Fakten müssen her. Aber, stellen wir auch die richtigen Fragen?

 

  • Was ist Atomkraft?

Sie ist weder gut noch böse. Sie ist. Aus Atomen besteht so gut wie alles. Jeder von uns ist eine wohl geordnete Ansammlung von Atomen. Seien wir froh, dass Atome kräftig zusammenhalten.

  • Was daran soll gefährlich sein?

Nichts. Aber manche Atome neigen zum Zerfall. Zum Beispiel bestimmte Uran- und Plutonium-Atome wandeln sich in leichtere Atome um, ganz von selbst.

Allerdings wird dabei Strahlung frei gesetzt. Das geht nicht anders. Es folgt einem Naturgesetz. Diese Strahlung können wir weder hören, noch fühlen oder schmecken oder sehen: man kann sie nur messen. Aus diesem Grund neigen wir dazu, diese zu unterschätzen, denn ein beträchtlicher Anteil dieser Strahlung ist schädlich für unsere Gesundheit. Je nach Stärke führt sie zum Tod. Durch solche Folgen ist man vor circa einem Jahrhundert überhaupt erst auf diese sogenannte radioaktive Strahlung aufmerksam geworden.

  • Wie kann man radioaktive Strahlung vernichten?

Gar nicht. Strahlung ist Energie. Und Energie kann man nicht vernichten. Das ist das grundsätzlichste aller Naturgesetze. Man kann Energien von einer Form in die andere umwandeln. (Aus diesem Grund sind wir überhaupt lebendig.)

Doch bei der Radioaktivität ist uns das trotz jahrzehntelanger Forschung noch nicht gelungen. Bislang können wir nur "strahlende" Prozesse respective Materie isolieren, umhüllen, verpacken – und hoffen, dass die Verpackung hält und uns vor den schlimmen Folgen bewahrt.

  • Wieso leben wir noch trotz Radioaktivität?

Wir leben "mit" der Radioaktivität, denn die gab es schon immer; eine Art permanenter Hintergrundstrahlung. Ihre Intensität ist so gering, dass sie uns nicht schadet. Anders verhält es sich, wenn die Häufigkeit des radioaktiven Zerfalls künstlich (durch Kernspaltung) erhöht wird. Die eklatantesten Auswirkungen davon kann man sich an Bildern von Hiroshima verdeutlichen.

  • Warum manipuliert man radioaktive Atome?

Ganz einfach: um Strom zu gewinnen. Neben Strahlung wird bei manchen radioaktiven Prozessen (zum Beispiel bei der Spaltung von Uran-Atomkernen) immens viel Wärme freigesetzt. Diese kann man – erzeugt mittels Brennstäben – nutzen, um Wasser zu erhitzen, welches dann Turbinen antreibt, die Strom erzeugen.

Da bei natürlich vorkommendem Uran nur ein winziger Anteil von selbst zerfällt, kann man damit kein Wasser kochen. Dazu muss man die Konzentration dieses zerfallenden Anteils erhöhen: man nennt das Anreichern, und ein Ergebnis sind Brennstäbe. Dieses Verfahren funktioniert zuverlässig und kostet viel Geld.

  • Lohnt sich denn diese Investition?

Je nachdem. Wenn es nur um den direkten Weg vom Zerfall der Atome bis zur Turbine geht, dann schon. Man muss aber den Bau eines sehr teuren Kernkraftwerkes hinzurechnen. Und es kommt noch einiges auf die Rechnung: Wenn ein Kernkraftwerk stillgelegt wird, hat es immer noch stark radioaktive Einheiten, die vom Rest der Welt isoliert werden müssen. Das kostet Geld.

Die spaltbaren Materialien (zum Beispiel Brennstäbe), die für den Betrieb zur Stromerzeugung genutzt werden, sind nicht ewig nutzbar; sie werden verbraucht und durch neue ersetzt. Leider senden sie auch nach dem Austausch immer noch härteste radioaktive Strahlung aus. Man muss also auch sie vom Rest der Welt isolieren: in Lagerstätten. Das kostet enorm viel Geld. Bevor ein großer Teil dieser Reste (Müll) in ein Zwischenlager transportiert werden kann, muss er gekühlt werden. Auch das kostet nicht gerade wenig Geld. Hat man eine passende End-Lagerstätte gefunden (was bislang noch nicht der Fall ist), muss man diese Materialien im Auge behalten, denn sie sind – wie jeder weiß – äußerst gefährlich. Auch das kostet viel Geld.

  • Wie lange muss man "Atommüll" beaufsichtigen?

Das ist recht unterschiedlich. Die eine Atom-Sorte hört relativ bald auf, bedrohlich stark zu strahlen, andere brauchen länger: Plutonium beispielsweise 24.000 Jahre. Das sind ungefähr 600 Generationen. So lange kostet das viel, viel Geld. Es kostet auch dann noch Geld, wenn überhaupt kein "Atom-Strom" mehr gewonnen wird.

Falls durch ungewisse Umstände (Krieg, Erdbeben, technische Pannen, ...) die Lagerstätten Schaden nehmen, tritt unweigerlich stärkste radioaktive Strahlung aus – und beeinträchtigt jedes Lebewesen, auch jeden einzelnen Menschen. Den finanziellen Aufwand in Folge gesundheitlicher Beeinträchtigung vieler Menschen zu beziffern, grenzt in diesem Fall an Zynismus; dann gelten völlig andere Prioritäten, an die viele von uns gar nicht denken wollen.

  • Ist es sinnvoll, mit der Stromerzeugung aus Kernenergie weiter zu machen?
  • Wem nützt dies eigentlich letzten Endes?

 

Es gibt Fragen, die jeder für sich selbst beantworten muss.

 

  Ein Aspekt des Ganzen lässt mir allerdings keine Ruhe: Strahlende Ruinen, End- und Zwischenlager, Atommüll und die Weigerung, andere Wege zu finden, sind Dinge, die wir an die nächste Generation weitergeben.

Ich fürchte, nachfolgende Generationen werden auf unsere Generation mit großer Verachtung herabschauen.


Es ist äußerst schwierig, seinen Kindern und Enkeln zu erklären, dass man ein Problem erkannt und Mittel zur Lösung hat – und dennoch nichts unternimmt, um dieses Problem zu lösen.

In puncto Nutzung von Kernenergie habe ich eine eher schlichte Meinung: Was man nicht beherrschen kann, sollte man sich zum Freund machen. Und gute Freunde wissen, wann sie sich besser gegenseitig in Ruhe lassen – und dass es meistens hilft, einander zu zu hören und daraus zu lernen.

Doch nun will ich Ihnen nicht länger das anfangs erwähnte Musikvideo vorenthalten. Nebenbei zeigt es einige Musiker, die ich seit Jahren – natürlich auch wegen ihrer Musik – sehr schätze: Bonnie Raitt, Jackson Browne, Graham Nash, Keb' Mo', Ben Harper.

Viel Vergnügen beim Anschauen und -hören.