Der »Dunkle Ritter« kann gefallen. Superhelden sind »super«  – bis auf einen: Batman. Lange Zeit von der Bildfläche verschwunden kehrte er unter Christopher Nolans Regie zurück, als Mensch im Wechsel von Vorstandsetage zu unbezahlter Nachtarbeit. Er wirkt wie ein Getriebener auf der Suche; aber was will er eigentlich finden?

Wenn Bruce Wayne mit seinem batpod zu einem Rendez-Vous fährt, kann dies ein teurer Spaß werden, sofern er sich nicht mit irgendwem, sondern mit dem Joker trifft. Dabei gehen reihenweise Autospiegel und Glastüren zu Bruch. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit für geschlossene Ortschaften wird satt überschritten, und das Fahren auf Gehwegen würde Batmans Punktekonto in Flensburg in den zweistelligen Bereich treiben, von einem noch zu beweisenden »Fahren ohne Helm« ganz abgesehen. Doch er bekommt keinen Anhörungsbogen einer deutschen Behörde zugesandt, denn er fährt in gotham city. Diese Metropole ist ein Archetyp, also ein Ort, der in idealer Ausformung für viele Orte auf der Erde steht, so dass wir sofort erkennen können, vor welchem Szenario die Geschichten um den »Dunklen Ritter« ablaufen sollen.

»This city deserves a better class of criminals … .«*1

So hat diese Stadt einen Mann geprägt, der mit überdurchschnittlichen Gaben versorgt ist. Oder sollte man besser sagen: belastet? Ein milliardenschweres Erbe anzutreten ist keine Kleinigkeit, auch wenn die meisten von uns sich so etwas wünschen würden.  Bruce Wayne geht offensichtlich so verantwortungsvoll und intelligent mit seinem Geld um, dass ihm die aktuelle Finanzkrise nichts anhaben kann. Er ist eben keiner von den bösen Jungs an den internationalen Finanzmärkten. Man fragt sich allerdings schon, wofür der smarte Playboy sein Geld ausgibt.


Ganz einfach: um ein weiteres Erbe einzulösen. Als kleiner Junge wurde er urplötzlich zum Vollwaisen. Ein hartes Brot. Daran knabberte er solange herum, bis er seine Mission antreten konnte: Die Welt – in diesem Fall gotham city – vom Verbrechen zu befreien.  Wohlmöglich ein noch härteres Brot.  Doch beim Verfolgen seines Ziels ist er so erfolgreich, dass die Mafia (!) eine externe Hilfskraft anheuern muss: den Joker.


Er schafft es, Batman dessen eigene Grenzen aufzuzeigen, mit Methoden, die man – vom Einsatz von Messern, Schusswaffen, Benzin und Dynamit abgesehen – durchaus als subtil bezeichnen kann.  Es sind die Werkzeuge der Psychologie, und sie erweisen sich als wesentlich wirkungsvoller denn jegliches pyrotechnisches Spektakel, auf das in Aktionfilmen so gerne zurückgegriffen wird. Während physische Gewaltanwendung für die Protagonisten eher eine Art Fingerübung ist, fordert das mitunter böswillige Spiel mit den seelischen Kräften eine höhere Art von Könnerschaft. Auf diesem Feld hat sich Bruce Wayne während seiner chinesischen Gesellenjahre (siehe »Batman Begins«) den Meisterbrief erarbeitet und muss doch erkennen, dass er  in der Auseinandersetzung mit dem Joker besten Falls ein Remi erreichen kann.

»It‘s time my enemies shared my dread.«*2

Durch diesen psychologischen Aspekt wird das neue, von Christopher Nolan inszenierte Serial um den »Dunklen Ritter« wirklich interessant. Wir Zuschauer werden reichlich mit Lebensweisheiten versorgt. Oftmals sickern sie erst einige Zeit nach dem Konsum der Films in unser Bewusstsein.  Zum Beispiel der Umgang mit Angst, die wahrlich kein Phänomen ist, das sich auf nur wenige Mitbürger beschränkt. Jeder von uns hat damit zu kämpfen, ob bewusst oder unbewusst. Das schlechte Gewissen schläft genauso wenig wie Rost.


Bereits im Lauf seiner Grundausbildung lernt Bruce Wayne, dass man sich seinen Ängsten stellen soll, gar eins werden mit ihnen. Dies lernt er so gründlich, dass er eine komplette Ninja-Schule mit bis an die Zähne bewaffneten Spitzenkämpfern ganz alleine ausschalten kann, den obersten Lehrmeister inklusive. Da kommt Otto-Normalverbraucher ins Staunen. Wollte man das nicht auch immer schon können? Zumindest seine Ängste loswerden?


Und es kommt noch besser: Als Normalsterblicher glaubt der Ritter nicht so viel ausrichten zu können wie als Symbol. Eines, das mit Urängsten verbunden ist, und damit kommt die Bat ins Spiel. Ich kenne niemanden, der nicht beim plötzlichen Anflug einer Fledermaus zusammenzucken würde. Batman jedoch atmet sie geradezu ein. Er hat ganz offensichtlich seine Ängste überwunden. Vermutlich gelingt es ihm dadurch – ganz im Geist fernöstlicher Kampfdisziplinen –, seinen Körper vollkommen zu beherrschen. Er ist der Zen unter den Rittern.


Vermutlich erklärt dies auch, warum ein blässlich wirkender Konzerneigner in der Lage ist, von Hochhäusern zu springen ohne sich sämtliche Knochen zu brechen. In puncto Fitness ist Bruce Wayne allen irdischen Spitzensportlern überlegen. Doch es zieht ihn nicht zu olympischen Ehren. Dafür hat er gar keine Zeit. Die Pflicht ruft, zum Beispiel in Person von Commissioner Gordon.

»I don‘t get political points for being an idealist. ... I have to do the best I can with what I have.«*3

Der frühere Polizeileutnant ist ihm wohlgesonnen, fast schon verpflichtet. Batman hat also Freunde.  Es sind nicht die wankelmütigen Bürger, die sich des nachts wieder auf die Straße trauen, sondern richtige Freunde. Gemeint sind Compañeros, die ihn um Hilfe rufen und umgekehrt, und dabei handfest zur Sache gehen. In kurzer Zeit hat sich im Zeichen der Fledermaus eine Brigade des Vertrauens gebildet.  Und Vertrauen brauchen sie angesichts der Unterwelt von gotham city. Da tut es auch nichts zur Sache, dass die wenigsten von ihnen die wahre Identität des dunklen Cape-Trägers kennen. Im Gegenteil, Vertrauen muss umso größer sein, je weniger man von seinem Partner weiß. Daher rühren wahrscheinlich ihre gemeinsamen Kennzeichen: Falten und trockener Humor.


In dieser Liga des Vertrauens ist Gordon das sorgenvolle Arbeitstier. Sein trockener Humor kommt durch die ständig sorgenvolle Miene erst richtig zur Geltung. Seine Sorgen sind begründet, denn keinem seiner Mitarbeiter kann er wirklich trauen. Er muss, wie er sorgenvoll zugibt, mit dem arbeiten, was ihm zur Verfügung steht. Da sind nicht wenige Schlangen an seiner sorgenvollen Brust. Zudem verteidigt er mit sprödem Charme und äußerst erfolgreich seinen dunklen Mitstreiter auch gegenüber seinen höchsten Vorgesetzten. Er ist der auserwählte Hüter des Flutlichts, mit dem er eine – unter künstlerischen Gesichtspunkten zweifelhafte – Fledermaus an den bewölkten Nachthimmel malen kann. Mit dieser Lichtanlage ruft er Gothams Retter, zu einem Gespräch auf das Dach des Polizeigebäudes. Batman taucht des öftern nicht auf; ob es an der ästhetischen Qualität des Flattertiers in den Wolken liegt, kann man nur vermuten. Man ahnt jedenfalls, warum Gordon seine Stirn ständig in Falten legt.

»Maybe you want to read the instruction manual first.«*4

Stirnfalten hat auch ein weiterer Batman-Support. Lucius Fox fungiert als der Daniel Düsentrieb der Fledermauswelt. Dieser Erfinder schreitet genial und gut gelaunt ans Werk, und die Falten in seinem Gesicht dürften zweifelsohne seiner ständigen feinen Ironie und Heiterkeit entstammen.
Durch Lucius Fox wird das Coaching-Motto, dass es nämlich keine Probleme, sondern nur Aufgaben gäbe, in Reinform verkörpert. Jedes Anliegen seines Geldgebers setzt er in Rekordzeit in bestens funktionierende Anwendungen um. Er ist kein deus ex machina, er ist deus machinae, der wahre Herr des Zauberkastens.


Man freut sich auf jede weitere Szene, in der er Bruce Wayne seine jüngsten Kreationen präsentiert. Gelassen und ohne erkennbaren Stolz bietet er Dinge dar, mit denen sein Chef erst einmal herumspielt. Ohne Cape und Maske darf der dabei grinsen wie ein kleiner Junge, stets begleitet vom wohlwollend-faltenreichen Lächeln des Erfindergenies.

»Does it come in black?«*5

Seine Stirnfalten scheint er wirklich zu mögen, könnte er doch, wenn ihm der Sinn danach stünde, im Handumdrehen eine perfekte Gesichtscreme für sich erfinden. Unwahrscheinlich? Bestimmt nicht, denn wer innerhalb weniger Tage eine komplette, maßgeschneiderte Bat-Rüstung herstellt, das Batmobil schwarz lackiert und nebenbei seinen Vorstands-Job tadellos erfüllt, für den ist nichts zu schwierig. Die bisherige Spitzenleistung ist die Entwicklung und Herstellung eines Serums gegen die Wirkung von Psychopharmaka gleichsam über Nacht.


Wieso einer, der anscheinend alle technischen Aufgabenstellungen lösen kann, nicht zum Bestseller-Autor wird oder zumindest drei Nobel-Preise einheimst, verwundert schon. Vielleicht arbeitet er lieber im Verborgenen; darin gliche er seinem schwarzgekleideten Anwender.  Fest steht, dass die muntere Produktion der dunkel-ritterlichen Projekte  seinen Humor trockener als Mondstaub werden lässt, Tendenz steigend.


Bei Bruce Waynes Butler scheint der trockene Humor angeboren zu sein. Vermutlich ist er Engländer.  Er heißt Alfred. Kein Hobby, keine Herkunft, kein Privatleben, offene Fragen, an denen der Kinobesucher herumrätseln darf. Wirklich hinterfragen muss man Alfred jedoch nicht, denn neben schlagfertigem Humor machen ihn auch jede Menge Herz und Wärme zu einer zutiefst gefestigten, souveränen Persönlichkeit. Wenn es eine Vaterfigur für die »Guten« im Batmanuversum gibt, dann ist es Alfred. Man wird neidisch auf seine Gelassenheit und Lebenserfahrung. Den Mann haut wirklich nichts um.


Er kennt Bruce Wayne besser als jeder andere und ist eine feste Größe in dessen Leben. Seit dem Mord an Waynes Eltern ersetzt Alfred Vater und Mutter. Er übernimmt selbstlos und voller Anteilnahme die Funktion der Herkunftsfamilie, lauscht den Sorgen und Nöten des jungen Bruce, erteilt gute Ratschläge und rettet seinen Zögling ein ums andere Mal aus Situationen, in denen die Zwanzigste Kavallerie arge Probleme bekommen hätte. Selbst die komplizierte Liebe des Helden zu Miss Doors begleitet der Butler mit einfühlsamen Hinweisen – und mildem Spott, wenn es angebracht erscheint. Er weiß immer, wann etwas angebracht ist, und wann nicht. Ein vollendeter Begleiter in allen Lebenslagen.

»Why don‘t you hire them and take the weekend off?«*6

Wie die anderen Helfer ist auch Alfred um einiges älter als Bruce Wayne. Da kommen schon eine ganze Menge Erfahrung und Wissen zusammen. Diese Schutzengel sind immer erreichbar und rechtzeitig zur Stelle, damit ihr Schützling auf jedem Hindernis-Parcours seine Maske auf dem Kopf behält. Sie schützen seine Identität und damit sein Leben.  Er kämpft als Bekannt-Unbekannter. Ohne Maske ist er quasi außer Dienst. Er ist dadurch für Behörden und Medien nicht greifbar und schafft sich die Freiräume, die er zur Planung und Erholung braucht, denn der Privatmann Bruce Wayne weiß, wie nützlich gute Kondition und perfekte Ausrüstung sind.  Als Fledermaus schafft er es, dem Tun von Gothams Kriminellen immer noch eins draufzusetzen, im wahrsten Sinne des Wortes.


Bei solch reibungslosem Abwickeln von Räuber-und-Gendarm-Perfomances könnte es sich das Bat-Team eigentlich so richtig gemütlich machen – wenn da nicht ständig neue Bösewichter hinter finsteren Ecken hervorkämen. Der Support muss beistehen und kitten, wenn durch das Treiben der Unterwelt offenbar wird, dass sich Risse in der scheinbar so stabilen Hülle des dunklen Ritters zeigen könnten.

»I believe whatever doesn‘t kill you, simply makes you stranger.«*7

Seine körperliche Konstitution, seine kampferprobten Reflexe, sein technisches Equipment und sein origineller Ideenreichtum scheinen Bruce Wayne zu einer Person zu machen, bei der auf ideale Weise ein gesunder Geist in einem gesunden Körper wohnt. Mens sana in corpore sano gilt im Fall Batmans jedoch genauso wenig, wie die übliche Übersetzung des Juvenal-Zitats; beide sind aus dem Zusammenhang gerissen und somit unvollständig.


Zu Beginn seiner Karriere gelingt es Batman, ein perfides Komplott seines früheren Lehrmeisters zu vereiteln. Er rettet fast im Alleingang das Leben von ein paar Millionen Menschen. Er ist ständig zur richtigen Zeit am richtigen Ort und weiß auf alles eine Antwort. Es gehört zu seinen Charakteristika zu antworten, zu re-agieren. Denn alles, was er tut, ist eine Re-Aktion auf Aktionen von Personen, die dadurch zu seinen Widersachern werden. Das ist nur logisch, da er sich dem Kampf gegen das Verbrechen verschrieben hat. Dies bedeutet aber auch, dass er das Heft des Geschehens nicht wirklich in der Hand halten kann. Er wird von den »Bösen« getrieben, als konsequentes Resultat selbst-gewählter Mission.


Alle diese spektakulären Actionwunder vollbringt Batman, nicht Bruce Wayne. Nur das Cape-und-Maske-gewordene Symbol kann alles das ausrichten. Es kämpft logisch, technisch, trainiert und mit Bedacht, während der Privatmann Wayne auch schon mal ins Grübeln kommt. Wirklich einfach gestaltet sich sein Doppel-Leben nämlich nicht.


Als in der Stadt erste bewaffnete Batman-Nachahmer auftauchen, findet er sich in der unangenehmen Lage, sowohl sie als auch die Mafia in Schach zu halten. Da kann auch ein Held schon mal ins Schwitzen kommen, denn zu diesem Verhalten wollte er seine Mitbürger nicht inspirieren. Er wollte sie nur wachrütteln und an ein Leben voller Recht und Ordnung erinnern. So entfernt sich allmählich die Idee vom Helden. Aus ‚allmählich‘ wird rasant, als sich ein weiterer Kombattant einmischt.

»What would I do without you? … You Complete Me.«*8

Ein extrem psychotischer Joker beginnt Fäden zu ziehen in einem Spiel, das niemand versteht. Im Grunde willer uns nur helfen.  Nämlich dabei, auch die unsichtbaren Facetten von Batmans Wesen wahrzunehmen. Der Dunkle Ritter ist nicht perfekt. Durch raffinierte Inszenierungen bringt der Joker ihn ein ums andere Mal in ein Dilemma: um Menschen zu retten, müsste er in Kauf nehmen, dass Unschuldige ihr Leben verlieren. Das passt gar nicht in sein Verbrechensbekämpfungs-Konzept. Indem er seinem Konzept treu bleibt, verliert er die Liebe seines Lebens (Rachel Doors) und steht kurz davor, aufzugeben.


Als er bei der Suche nach dem entflohenen Joker eine Überwachungsmaschine für die ganze Stadt einsetzt, ist er dabei, die Grenze zur Un-Ethik zu überschreiten. Wir müssen erkennen, dass auch Batman eine dunkle, eine böse Seite hat, und keiner zeigt das besser als der Joker.


Spätestens hier ist es auch für den Zuschauer nötig, Farbe zu bekennen. Batman ist uns unheimlich: er arbeitet nur nachts, kleidet sich dunkel, hat eine brutale Stimme hinter der schwarzen Maske und verfolgt verbissen seine Mission. Er ist niemand, dem man wirklich begegnen will. Doch eines gilt immer noch: der Dunkle Ritter ist das handfeste Symbol, der korrespondierende Mensch ist Bruce Wayne. Mit dem würde man durchaus mal ein Bierchen trinken.


Genau das wollte jedoch kein ernst zu nehmender Mensch mit dem Joker wagen. Dennoch, bei so viel fledermauslastigem Gegengewicht, wird der Bösewicht sympathisch, obwohl er Schlimmstes tut. Das Batman-Serial hinterfragt nicht nur den Helden, sondern es hält auch dem Zuschauer den Spiegel vors Gesicht. Das ist unangenehm. Seien wir dankbar dafür. Im Gegensatz zu Batman ist der Joker ironisch, fast witzig. Er zieht ins Lächerliche, was für viele »heilig« ist: Medien, Geld, Ehre, Moral.

 

Das gefällt vielen von uns. Und wir sind fast bereit, ihm auf diesem Weg zu folgen. Nicht umsonst ist er bei vielen Comic-Fans beliebter als die Titelfigur. Er führt uns in Versuchung. Gerade in dem Moment, da man über seine Gags so richtig lachen will, ist Ladehemmung. Man hat sich eben doch noch ein paar Skrupel aufbewahrt.

»If you are good at something, never do it for free.«*9

Dieses schillernde Wechselbad spielte in den USA bereits am  am ersten Wochenende nach Filmstart 97,9 Millionen Euro ein. Das Spiel mit dem Regelverstoß ist attraktiv, nicht nur für Kinobesucher. In letzter Konsequenz führt uns das hübsch-hässliche Tun des Jokers vor Augen, wie es wahrscheinlich in den meisten Gesellschaften um das Verständnis von Recht und Unrecht bestellt ist.

 

Doch auch sein Gegenpart sorgt dafür. Batman ist ein Vigilant, jemand, der das Recht in die eigene Hand nimmt. So jemand ist immer mit Vorsicht zu genießen, denn Vorbildern für solches Verhalten kann man wöchentlich in den Nachrichten nachspüren.  Die Macht in den Händen einiger Weniger ist nicht selten legitimiert durch oft abstruse Begründungen; die ritterliche Quest für die Liebste, für Ruhm und Ehre mutet dabei noch freundlich an und ist trotzdem schlicht undemokratisch. Auf Dauer kann so etwas nicht gut gehen. Batmans Tun verdeutlicht auf höchst unbequeme Weise, dass man sich für ein ethisch »gutes« Leben anstrengen muss. Von nichts kommt nichts, wie die Physiker sagen.


Darin liegt wohl die eigentliche Tragik der Titelfigur. Bruce Wayne strengt sich an, und er findet mehr als er vielleicht finden wollte: seine dunkle Seite. Nun wird er für den Zuschauer zu einem, dem man seine Nöte fraglos abnimmt. Es wird sich zeigen, wie der Wayne/Batman-Doppelpack aus diesem Dilemma herausfindet. Wirklich unmöglich scheint ihm ja nichts zu sein.


Oft fragt man sich, wie er im Handumdrehen Manöver schafft, für die unsereiner die zehnfache Zeit benötigt. Das Batmobil erscheint wie durch ein Wunder auf der Szene und verschwindet auch, ohne irgendeine Spur zu hinterlassen, die auf Bruce Wayne zurückführt. Wie macht der Bursche das? Sein Gefährt ist so unauffällig wie der Papst in einer Mosche. Ein weiteres seiner Kunststücke würde garantiert weltweit freudige Nachahmer finden, und das nicht nur bei Zeitgenossen, die unter chronischem Geldmangel leiden: Wie gelangt Batman unbemerkt in den Tresorraum einer Bank, die vor Polizisten wimmelt, um Minuten später wieder spulos zu verschwinden?

»Why so serious?«*10

Die Antwort ist überraschend simpel: Diese Dinge stehen im Drehbuch. Sie sind nötig um die Geschichte zu erzählen. Sie funktionieren wie Asservate auf der Theaterbühne. Alles, was den Plot fördert, wird verwendet. Zu viele Erklärungen stören nur den Ablauf. Fragen und rätseln kann man ja nach dem Film. Dann hat man noch mehr davon, oder, wie Bruce Wayne zu Lucius Fox sagt: »Wie wollen die Dinge ja nicht zu einfach machen.«


All dies verdanken wir dem Drehbuchautor. Man darf einmal mehr Christopher Nolan seine Referenz erweisen, der als Co-Autor zusammen mit David S. Goyer solch eine atmosphärisch-dichte Story zustande brachte.  Greifbare Charaktere, originelle Schauplätze und nachvollziehbare Action sind versehen mit einem guten Schuss Philosophie und Psychologie und machen das Batman-Sequel trotz aller Düsternis so attraktiv.

 

Ein weiteres Indiz auf die Stimmigkeit der Inszenierung ist der Verzicht auf Sexszenen, man will die Hauptfigur ja nicht unnötig belasten. Was Bruce Wayne in seiner Freizeit macht, ist seine Sache. Dass er dabei vielleicht seinen Spaß hat, nehmen wir ihm gerne ab. Hauptsache, er ist wieder fit für neue Abenteuer als Dunkler Ritter, denn die Fans freuen sich auf die Fortsetzung.

Die Überschriften-Zitate entstammen den Filmen "Batman Begins" und "The Dark Knight", die Übersetzungen der deutsch-synchronisierten Fassung dieser Filme:

*1     »Diese Stadt hat ein anderes Kaliber von Kriminellen verdient.«
Joker während einer Gruppentherapiesitzung mit Kriminellen am hellichten Tag

*2    »Meine Feinde sollen meine Angst mit mir teilen.«
Bruce Wayne auf Alfreds Frage: Warum Fledermäuse?

*3    » Für Idealismus kann ich mir nichts kaufen. Ich muss das beste aus dem machen, was ich habe.«
Officer Gordon im Gespräch mit dem Oberstaatsanwalt

*4    »Vielleicht sollten Sie zuerst die Gebrauchsanleitung lesen.«
Lucius Fox bei der Präsentation von Batmans neuer Arbeitskleidung

*5    »Gibt‘s den auch in schwarz?«
Bruce Wayne nach der Probefahrt mit dem künftigen Batmobil

*6    »Engagieren Sie sie, und nehmen Sie sich das Wochenende frei.«
Alfreds Kommentar zu den Batman-Nachahmern

*7    »Ich glaube, alles, was einen nicht tötet, macht einen komischer.«
Joker während eines Bankraubs

*8    »Was sollte ich ohne dich machen? … Du machst mich erst perfekt.«
Joker zu Batman im Verhörraum von Gordons Bunker

*9    »Wenn du gut in etwas bist, mach‘ es nie umsonst.«
Joker bei Gehaltsverhandlungen mit der Mafia

*10    »Warum denn so ernst?«
Des Jokers Lieblings-Zitat